Heimat- und Verkehrsverein Kenzingen e.V.
Bericht über die Fahrt nach Waldkirch am Sonntag, 22. Sept. 2019
Etwa 20 Gäste machten sich auf den Weg zum Orgelbauersaal auf dem Gelände der Waldkircher Orgel-firma Jäger & Brommer. Unser Führer, Herr Wagner gab uns einen Einblick in die Geschichte des Orgel-baus. Die Geschichte der Drehorgel ist alt. Schon vor einigen 100 Jahren entstand die Idee, über die Stif-te auf einer drehbaren Walze Orgelpfeifen anzusteuern um damit überall, auf jedem Festplatz zum Tanz aufspielen zu lassen.
Nun, die Schwarzwalbauern waren begabte Schnitzer und Tüftler, die Schwarzwalduhr mit dem Kuckuck war schon erfunden. Was lag näher, als in das Geschäft mit Drehorgeln einzusteigen, die im 19. Jhd. sehr gefragt waren. Im Sommer hatten die Bauern im Schwarzwald keine freie Minute, im Winter aber war viel Zeit, und so perfektionierten dies die erfinderischen Waldkircher: tausende kleiner Stifte steuerten über 30 Pfeifen. Acht Lieder mit jeweils etwa einer Minute können damit gespielt werden!
Es entstanden Manufakturen, von externen Holzschnitzern wurden die Figuren bezogen, andere tüf-telten an der Mechanik, so dass neben der Musik spannende Tanzszenen auf der kleinen Bühne vorne an der Orgel aufgeführt wurden. Da tanzen Paare im Kreis, da wirft sich einer alle 3 Sekunden einen Knödel in den Mund! Die Frau, die ihrem besoffenen Mann eine Tracht Prügel verpasst! Einfach geniale Mechanik!
Besondere Spezialisten waren die Musikzeichner; sie mussten die mehrstimmige Melodie in die Länge und die Position der Stifte, später der Löcher in den Lochstreifen umsetzen, extrem schwierig, denn jeder von uns hört sehr genau, wenn da irgendwo der Takt nicht stimmt!
Beim Besuch dieses Museums wurden Erinnerungen wach, die über 60jährigen erinnern sich noch, wie sie auf dem Kettenkarussell im Kreis herumschwangen und unter ihnen die Orgel spielte.
Nach dem Essen am Stadtrainsee gesellte sich Dr. Andreas Hassis-Berner zu uns. Zuerst führte er uns zur Klosterkirche St. Margarethen. Eine wunderschöne Barockkirche, 1732 von Peter Thumb erbaut. Auch interessant, wie nach dem Niedergang des Klosters um 1430 es als Chorherrenstift wieder zur Blüte brachte.
Weiter ging es mit vielen Geschichten über Waldkirch zum Marktplatz. Interessant war, wie viel Platz eine moderne Bürokratie benötigt. Das bescheidene alte Rathaus, vorne am Eck des Marktplatzes und in Zukunft, wenn dann die ganze Seite des Platzes von der Verwaltung übernommen wird.
Die Stadtmauern von Waldkirch und von Kenzingen sind gleich aufgebaut. Beide haben eine vorgelagerte zweite Mauer und einen Graben dazwischen. In beiden Städten wurde dieser Graben dann später mit Häusern zugebaut.
Mit dem aufkommenden Straßenverkehr wurde es in Waldkirch nötig, Straßen aufzuschütten um das Gefälle in der Stadt etwas auszugleichen; diese läuft hier bei diesem hübschen alten Haus nun am Obergeschoß vorbei.
Ein großer Vorteil des Gefälles aber war der Gewerbekanal, aus dem bis zu 30 Edelsteinschleifereien die Antriebskraft für ihre Schleifsteine holten. Bei Niedrigwasser war die Leistung des Gewerbekanals dann doch begrenzt, die Manufakturen mussten sich abstimmen, wer, wann und wie lange die Wasserkraft nutzen durfte.
Text & Fotos: Hans Mall